Junghans Elektronom Kompressorlampe

In den 1920er Jahren entwickelte die Firma Junghans eine mechanische Uhrentype mit elektro-pneumatischem Aufzug.
Dieses System nannte sich „Elektronom“. 

In der Uhr befindet sich ein Elektrokontakt und eine s.g. Kompressorlampe, sowie eine Art kleine Luftpumpe.
Die Kompressorlampe hat einen Anschlussstutzen für einen Gummischlauch der zur Luftpumpe führt. Das System ist mit ganz normaler Raumluft gefüllt.
Jede Minute wird für 3 Sekunden besagter Kontakt geschlossen. Der Strom (mit Netzspannung 110 oder 220V) fließt durch den Draht in der Kompressorlampe und erwärmt sich. Dabei wird auch die Luft in der Lampe erwärmt und dehnt sich über den Schlauch in die Luftpumpe aus. Der Kolben in der Pumpe wird gehoben und spannt über einen Hebel eine Feder vor. Wird die Lampe nach 3 Sekunden wieder abgeschaltet, zieht sich die Luft zusammen, der Kolben senkt sich und die vorgespannte Feder betätigt eine Sperrklinke, welche das große Federhaus zum Antrieb des Uhrwerks „um einen Zahn“ wieder spannt. Dabei wird die Uhr um etwas mehr als den Betrag wieder aufgezogen als sie in der Minute zuvor abgelaufen war. Eine verbaute Schleppfeder als Antrieb verhindert ein „überspannen“ und damit reißen, wie es bei einer normalen Antriebsfeder passieren würde.
Die Gangreserve der Uhren beträgt zwischen 12 und 18 Stunden bei Stromausfall.

Der vollständige Katalog kann hier eingesehen werden: Junghans Elektronom PDF

Für eine solche Uhr habe ich nun eine Kompressorlampe nachgebaut.
Zuerst habe ich eine alte, kaputte Glühbirne ihrer Fassung beraubt und ein Grundgestell aus Messing angefertigt.

Aus einer Glimmerplatte wurden vier Plättchen zurechtgeschnitten und mehrfach geschlitzt um einen Konstantandraht mit 0,1mm Durchmesser spiralförmig rumzuwickeln. Das Wickeln habe ich von Hand, der Einfachheit halber, an der Drehmaschine gemacht.

Unser Glasbläser im Museum, welcher uns zum 1.11.2021 leider verlassen hat, hat mir einen passenden Glaskolben geblasen…

Testweise habe ich alles zusammengefügt und mit Rodeco, einer Reinigungsknete für Uhrmacher, abgedichtet.
Der erste Test verlief sofort erfolgreich. Bei 80 Volt bringt die Lampe genug Wärme auf um den Kolben der Lampe ausreichend zu bewegen ohne, dass dabei der Draht zu glühen beginnt.

Ich habe nun einen Passring aus Kunststoff gedreht und die Fassung über diesen Ring mit dem Glaskolben so verklebt, dass die Klebestelle luftdicht ist. So kann die Luft sich nur durch den Stutzen des Glaskolbens ausdehnen.

Und so schaut die fertige Uhr nun aus. Bisher läuft sie einwandfrei.

Da die Lampe nun mit 80V funktioniert, musste ich irgendwie auf diese Spannung kommen, um die Uhr am Netz zu betreiben.
Verwendet wurde ein Kondensatorpaket, welches als Vorschaltkondensator dient. Vorteil: Sie werden nicht heiß, wie ein Vorschaltwiderstand und somit konnten sie problemlos in einem Steckernetzteilgehäuse untergebracht werden. Ein Entladewiderstand parallel zu den Kondensatoren verhindert, dass man beim Ausstecken die Restladung der Kondensatoren zu spüren bekommt, sollte man die Netzsteckerstifte berühren.